Migräne ist eine sehr unangenehme Kopfschmerzerkrankung, von der viele Menschen betroffen sind. Lesen Sie im Folgenden mehr zu Ursachen, Auslösern, dem Verlauf und der Behandlung von Migräne. Außerdem haben wir für Sie die unterschiedlichen Migränearten einfach und verständlich erklärt.
Migräne ist eine der häufigsten Kopfschmerzformen in Deutschland. Einer repräsentativen Befragung des Robert Koch-Instituts zufolge erfüllen rund 15 Prozent der Frauen und sechs Prozent der Männer die kompletten Kriterien einer Migräne. Hinzu kommen 14 Prozent der Frauen und 12 Prozent der Männer, die wahrscheinlich betroffen sind. Migräne tritt vor allem im erwerbsfähigen Alter auf und betrifft in dieser Lebensphase Frauen bis zu dreimal häufiger als Männer. Vor der Pubertät und mit steigendem Alter tritt sie hingegen deutlich seltener auf, zudem schwindet der Geschlechterunterschied.
Migräne ist eine primäre Kopfschmerzerkrankung, tritt also nicht als Folge einer anderen Grunderkrankung auf. Sie schränkt den Alltag der Betroffenen stark ein, auch, weil jede körperliche Aktivität den Schmerz noch verschlimmert. Viele Migräneerkrankte müssen deshalb ihren normalen Tagesablauf unterbrechen und bleiben im Bett.
Erfüllen mindesten fünf Attacken die untenstehenden Bedingungen, sprechen Experten von einer Migräne.
a. Kopfschmerzattacken, die (unbehandelt oder erfolglos behandelt) vier bis 72 Stunden anhalten
b. Der Kopfschmerz weist mindestens zwei der folgenden Charakteristika auf:
c. Während des Kopfschmerzes ist mindestens eines der Kriterien erfüllt:
d. Nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen
Verantwortlich für Migräne ist eine Funktionsstörung des Gehirns. Betroffen sind vor allem die Strukturen, die für die Schmerzentstehung und -verarbeitung zuständig sind. Außerdem ist bei Migränebetroffenen die Hirnrinde überempfindlich. Das bedeutet, dass äußere Reize verstärkt wahrgenommen werden. Das erklärt auch, warum Menschen mit Migräne auch zwischen Attacken licht- und geräuschempfindlich sind.
Es gibt viele Faktoren, die eine Migräneattacke auslösen können. Diese sogenannten Trigger unterscheiden sich von Mensch zu Mensch, dazu zählen beispielsweise:
Insbesondere zu viel Kaffee kann Kopfschmerzen auslösen, plötzlicher Verzicht darauf allerdings auch. Migräneattacken treten zudem häufig am Wochenende oder im Urlaub auf, wenn sich der Körper nach anhaltendem Stress langsam entspannt. Ein Migränetagebuch hilft, Trigger klar als solche zu identifizieren.
Ein typisches Symptom für eine Migräne ist ein pulsierender, pochender oder stechender Schmerz, der von Betroffenen als moderat bis schwer empfunden wird. Er breitet sich anfallsartig von einer Kopfhälfte beginnend auf die andere aus. Zudem kehrt er in unregelmäßigen Abständen wieder: So haben manche Menschen nur ein- oder zweimal im Jahr eine Migräne, andere mehrmals im Monat oder gar fast täglich.
Anders als gewöhnliche Kopfschmerzen tritt eine Migräne anfallartig auf und kann bis zu drei Tagen anhalten. Zudem ist eine Migräneattacke meist von weiteren Symptomen begleitet:
Einer Migräneattacke kann eine sogenannte Aura vorausgehen. Als Aura wird ein Gesichtsfeldausfall bezeichnet. Betroffene beschreiben eine Aura häufig als eine kleine Sonne oder ein Regenbogen, der sich über das eigentliche Bild legt. Die Aura wird immer größer, bis sie nach kurzer Zeit in den eigentlichen Kopfschmerz übergeht oder auch von ihm abgelöst wird. In der abschließenden Erholungsphase klingen sämtliche Beschwerden langsam ab.
Eine Migräne kann in vier verschiedenen Phasen verlaufen – muss sie aber nicht. Diese Phasen sind:
Eine Migräne kann sich bereits Tage, bevor die eigentlichen Kopfschmerzen beginnen, durch die sogenannte Prodomalphase ankündigen. Betroffene sind dann vielleicht gereizt, gähnen häufig oder haben Lust auf Süßes. Manche sind müde, wieder andere extrem aufgedreht. Es können auch Wassereinlagerungen, sogenannte Ödeme, auftauchen.
Bei etwa 20 Prozent der Betroffenen kommt es zu einer Auraphase. In ihr entwickeln sich neurologische, also nervliche, Reize und Ausfallerscheinungen. Diese entwickeln sich in der Regel langsam und bilden sich danach wieder zurück. Am Ende dieser Phase oder manchmal noch währenddessen können die Kopfschmerzen beginnen.
In der Kopfschmerzphase treten dann die migränetypischen Symptome auf. Spätestens in dieser Phase müssen sich Betroffene meist komplett von der Außenwelt zurückziehen, da jeder Einfluss von außen, etwa Geräusche, Licht oder Gerüche, die Schmerzen verstärken kann.
Die Nach- oder Erholungsphase folgt nach dem Abklingen der Kopfschmerzphase. In ihr können die entgegengesetzten Symptome wie in der Vorphase auftreten. Also Müdigkeit oder Hyperaktivität, Euphorie oder vermehrte Flüssigkeitsausscheidungen und Appetitlosigkeit.
Quelle: Christoph Diener, Der Migräne-Therapiekompass, TRIAS Verlag in Georg Thieme Verlag KG, 1. Auflage 2021
Gemäß der Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen (ICHD-3) der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft gibt es mehrere Formen der Migräne. Das Auftreten einer Aura ist dabei ein wesentliches Unterscheidungskriterium.
Unterschieden werden die folgenden Formen:
Circa 80 Prozent der Betroffenen leiden an einer gewöhnlichen Migräne ohne Aura. Sie ist bei Frauen oft mit dem Menstruationszyklus verbunden und tritt häufig vor und während der Regelblutung auf.
Bei etwa 10 bis 20 Prozent der Betroffenen gehen den Kopfschmerzen neurologische Symptome voraus, die Fachleute als Aura bezeichnen. Sehr oft handelt es sich dabei um Sehstörungen, allerdings kann auch das Geruchs-, Gehör- oder Gleichgewichtsempfinden gestört sein oder Kribbeln beziehungsweise Taubheit in den Armen, Beinen und dem Gesicht auftreten.
Üblicherweise gehen die Aurasymptome nach etwa einer Stunde in den eigentlichen Migränekopfschmerz über oder werden von ihm abgelöst (Migräne mit typischer Aura mit Kopfschmerz). Trotzdem entwickeln manche Betroffene von Zeit zu Zeit isolierte Auren, denen keine Kopfschmerzen folgen. Die Diagnose einer sogenannten Migräne mit typischer Aura ohne Kopfschmerz ist schwierig, da sie von zahlreichen Erkrankungen mit ähnlichen neurologischen Symptomen abgegrenzt werden muss.
Eine Hemiplegische Migräne ist von motorischen Störungen einer Körperhälfte begleitet, die leicht oder unvollständig gelähmt ist. Diese Lähmung ist vollständig reversibel. Eine Hemiplegische Migräne ist vererbbar und tritt deshalb oft gehäuft innerhalb einer Familie auf.
Bei der sogenannten Retinalen Migräne sind die Kopfschmerzen von einem langsam fortschreitenden Gesichtsfeldausfall auf einem Auge begleitet, der sich anschließend vollständig zurückbildet. Während eines Migräneanfalls kann es dazu kommen, dass Betroffene die Sehkraft auf einem oder beiden Augen für einige Minuten verlieren. Nach dem Abklingen der Migräne kehrt sie jedoch wieder vollständig zurück.
Eine Migräne mit Hirnstammaura ist von mindestens zwei Aurasymptomen begleitet, die sich in ihrer Herkunft eindeutig dem Hirnstamm zuordnen lassen. Dazu gehören Schwindel, Tinnitus, Sprachstörungen, Hörminderungen, Doppelbilder oder Bewusstseinsstörungen. Die Aurasymptome sind vollständig reversibel, motorische oder retinale Symptome treten nicht auf. Eine Migräne mit Hirnstammaura ist selten und betrifft häufiger junge Frauen.
Eine chronische Migräne liegt vor, wenn ein Kopfschmerz besonders häufig auftritt. Der Definition der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft zufolge ist dies der Fall, wenn Betroffene über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten an mindestens 15 Tagen pro Monat Kopfschmerzen haben. Davon müssen außerdem an mindestens acht Tagen pro Monat die Merkmale einer Migräne erfüllt sein.
Für die Diagnose der Migräne werden die Kriterien der International Headache Society herangezogen, auf deren Grundlage sich mehr als 95 Prozent aller Migränebetroffenen korrekt diagnostizieren lassen. Die Diagnose basiert auf einem ausführlichen Gespräch, in dem die Ärztin oder der Arzt die Häufigkeit, Dauer, Art und Stärke der Kopfschmerzen und möglicher Begleitsymptome erfragt. Zur Diagnose gehört auch eine umfassende körperliche Untersuchung, um andere Grunderkrankungen auszuschließen.
Die Diagnosefindung kann erleichtert werden, indem Sie selbst ein Kopfschmerztagebuch führen. So können Sie genaue Angaben zu Ihren Schmerzen machen, wie oft sie auftreten, wie stark sie sind und wodurch sie beeinflusst werden könnten.
Das Kennen und Meiden der Trigger kann dabei helfen, das persönliche Risiko für das Auftreten einer Migräneattacke zu reduzieren. Empfehlenswert sind auch Akupunktur und leichter Ausdauersport. Zur Vorbeugung besonders häufiger oder schmerzhafter Migräneattacken können Medikamente verschrieben werden. Eine ergänzende Psychotherapie, die ungünstige Verhaltensweisen erkennt und an diesen mit Entspannungsverfahren oder Biofeedback gezielt arbeitet, kann die Migränefrequenz zusätzlich positiv beeinflussen.
Bei einer akuten Migräne mit und ohne Aura sind Schmerzmittel hilfreich. Zur Selbstmedikation empfiehlt die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft die Kombination aus Acetylsalicylsäure (ASS), Paracetamol und Coffein als Mittel der ersten Wahl. Als Einzelmedikamente sind ASS, Ibuprofen, Naratriptan, Paracetamol oder Phenazon geeignet. Da jedoch alle Medikamente Nebenwirkungen haben und auch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auftreten können, sollten Sie in Ihrer hausärztlichen Praxis abklären, welche Medikamente Sie bei einer Attacke einnehmen können.
Beim Umgang mit Schmerzmittel ist es besonders wichtig, die Dosis zu beachten und die Medikamente möglichst früh einzunehmen. Alternativen zur medikamentösen Therapie haben bisher kaum Wirkungen gezeigt.
Viele Meschen mit Migräne handeln instinktiv richtig, wenn es darum geht, was sie selbst tun können. Helfen kann:
Weiter Tipps, was Sie selbst gegen Kopfschmerzen tun können, finden Sie hier.
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