Kopfschmerzpatienten laufen Gefahr, bei übermäßigem Gebrauch von Schmerzmitteln einen sogenannten schmerzmittelinduzierten Kopfschmerz zu entwickeln. Woran Sie ihn erkennen und wie er sich vermeiden lässt, lesen Sie hier.
Schmerzmittel können abhängig machen. Kopfschmerzpatienten, die über einen langen Zeitraum zu häufig Schmerzmittel einnehmen, können dadurch in einen Teufelskreis gelangen: Die Präparate, die sie eigentlich zur Behandlung ihrer primären Kopfschmerzerkrankung brauchen, lösen dann selbst wieder Kopfschmerzen aus. Dieser medikamenteninduzierte Kopfschmerz (auch: Medikamentenübergebrauchskopfschmerz) fühlt sich meist anders an als der ursprüngliche Kopfschmerz. Die deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft beschreibt ihn als häufiger beidseitig, weniger ausgeprägt pochend und häufiger drückend. Außerdem seien Begleitsymptome wie Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Geräuschempfindlichkeit weniger stark ausgeprägt.
Warum Schmerzmittel bei Übergebrauch wieder eigene Kopfschmerzen auslösen, ist nur teilweise aufgeklärt. Der deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft zufolge scheinen sowohl Prozesse in der Schmerzverarbeitung als auch psychologische Faktoren eine Rolle zu spielen. Vor allem Triptane lösen schneller und bereits in geringeren Dosierungen einen medikamenteninduzierten Kopfschmerz aus als andere Wirkstoffe. Möglicherweise ist es gerade deren gute Wirksamkeit, die einen Gewöhnungseffekt des Gehirns und des zentralen Nervensystems herbeiführt.
Die Geschwindigkeit, mit der sich ein Medikamentenübergebrauchskopfschmerz entwickelt, hängt von der ursprünglichen Kopfschmerzerkrankung und dem eingenommenen Wirkstoff ab. Der Leitlinie zum Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln zufolge dosieren in Deutschland etwa 40 bis 50 Prozent aller Kopfschmerzpatienten Medikamente über und laufen Gefahr, eine Abhängigkeit zu entwickeln. Ein Übergebrauch liegt vor, wenn
Der schmerzmittelinduzierte Kopfschmerz entwickelt sich meist erst nach Monaten oder Jahren des Übergebrauchs. Manche Patienten entwickeln ihn jedoch schon bei Unterschreiten der Grenzwerte.
Die Leitlinie zum Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln empfiehlt ein dreistufiges Vorgehen zur Behandlung von Medikamentenübergebrauchskopfschmerzen. Bei konsequenter Umsetzung ist die Prognose für Betroffene gut: Wer es schafft, unterbricht den Teufelskreis und lindert den Medikamentenübergebrauchskopfschmerz. Es bleibt dann nur noch die ursprüngliche, gut behandelbare primäre Kopfschmerzerkrankung zurück.
Am wichtigsten ist das Wissen, dass die häufige Einnahme von Schmerzmitteln nicht nur Vorteile mit sich bringt. Nehmen Sie Akutmedikamente deshalb generell so selten wie möglich ein, maximal an zehn Tagen pro Monat. Leiden Sie darüber hinaus an weiteren Tagen im Monat an Migräne, sollten Sie versuchen, diese ohne Medikamente durchzustehen.
Beraten Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin über eine vorbeugende Kopfschmerzbehandlung, sodass Sie langfristig an möglichst wenigen Tagen im Monat an Migräne leiden. Auch die Migräneprophylaxe wird medikamentös erzielt, allerdings nicht mit Schmerzmitteln. Stattdessen werden Wirkstoffe, zum Beispiel zur Blutdrucksenkung, Betablocker (Metoprolol, Propranolol), Kalziumantagonisten (Flunarizin) bzw. Mittel gegen Epilepsie, eingesetzt. Die Präparate wirken nicht sofort. Meist verstreichen bis zu acht Wochen, bis es zu einer merklichen Abnahme der Migränehäufigkeit kommt. Anschließend sollte die Behandlung noch weiter fortgeführt werden.
Medikamente sind nicht die einzige Möglichkeit zur Minderung der Anfallshäufigkeit. Neben Verhaltenstherapie, Ausdauersport, Entspannung und Stressmanagement eignet sich auch Akupunktur zur Vorbeugung von Migräne. Auch regelmäßige Schlaf- und Pausenzeiten können sich positiv auswirken.
Zusätzlich sollte eine Medikamentenpause angestrebt werden. Dieser Entzug kann ambulant, in der Tagesklinik oder stationär durchgeführt werden. In der Medikamentenpause können Entzugserscheinungen auftreten, bei denen der Kopfschmerz zunächst für einige Tage heftiger wird und mit Begleitsymptomen wie Übelkeit, Abgeschlagenheit, innerer Unruhe, Schwitzen und Herzklopfen einhergeht. Sobald dies durchgestanden ist, fühlen sich die Patienten meist deutlich besser. Um einen Rückfall zu vermeiden, sollten Betroffene auch nach initial erfolgreichem Entzug in Behandlung bleiben. Nur so lässt sich die medikamentöse Therapie überwachen, bei Bedarf anpassen und nicht medikamentöse Maßnahmen in den Alltag des Betroffenen integrieren.
Damit ein Medikamentenübergebrauchskopfschmerz erst gar nicht entsteht, empfiehlt die Leitlinie zum Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln eine konsequente, vorbeugende Kopfschmerzbehandlung mit Schulung der Betroffenen und alternativen Wirkstoffen (keine Schmerzmittel).
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