Gesundheit / DKV Gesundheitswelt / Psyche / Das Empty-Nest-Syndrom
Traurige Frau wird von ihrem Mann umarmt

Das Empty-Nest-Syndrom: Verstehen, vorbeugen und behandeln

Lesezeit: 5 Minuten
Was ist das Empty-Nest-Syndrom?
Wie macht es sich bemerkbar und wie lange dauert es?
Was hilft und wo bekommen Sie Hilfe?

Alles, was Sie über das Empty-Nest-Syndrom wissen müssen

Das Empty-Nest-Syndrom bedeutet wörtlich übersetzt „Leeres-Nest-Syndrom“ und beschreibt den Lebensabschnitt, in dem die Kinder aus dem Elternhaus ausziehen und das Haus beziehungsweise das „Nest“ leer zurücklassen. Mit dieser neuen Situation kommen nicht alle Eltern auf Anhieb gut zurecht. Neben Stolz macht sich oft auch Trauer breit, weil eine Lebensphase zu Ende geht. Diese Gefühle werden als Empty-Nest-Syndrom bezeichnet. Was Eltern gegen diese Leere in ihrem Leben tun können, lesen Sie hier.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Empty-Nest-Syndrom ist ein Überbegriff für die Gefühle, die Eltern nach dem Auszug ihrer Kinder aus dem Elternhaus erleben.
  • Ursachen sind oft die plötzliche Veränderung im Alltag und das Gefühl, eine wichtige Lebensaufgabe zu verlieren.
  • Gegen das Empty-Nest-Syndrom hilft, sich bewusst neu zu orientieren, eigene Interessen zu pflegen und sich gegebenenfalls auch mit anderen Betroffenen auszutauschen.

Was ist das Empty-Nest-Syndrom?

Es ist ein natürlicher Prozess: Irgendwann kommt der Moment, in dem auch das letzte Kind „groß“ geworden ist und von zu Hause auszieht. Von einem Tag auf den anderen wird es in dem Haus, das jahrelang voller Leben war, plötzlich still. Kein hektischer Start in den Tag, kein Mittagessen am vollen Tisch, keine lauten Diskussionen oder spontanen Familienmomente. Für diesen Lebensabschnitt wird in den Sozialwissenschaften der Begriff „Empty Nest“ („leeres Nest“) verwendet. Die betreffenden Eltern werden entsprechend „Empty Nester“ genannt.

Vater umarmt seine Tochter

Eine solch neue Situation fällt nicht allen Empty Nestern leicht. Während manche vielleicht insgeheim froh sind, dass die Kinder nun aus dem Haus sind, verspüren andere eher gemischte Gefühle. Einerseits sind sie stolz auf die Selbstständigkeit der Kinder, andererseits empfinden sie auch Trauer, das Kind gehen zu lassen. Die vertrauten Rituale und Aufgaben fallen weg, und man wird mit der Realität konfrontiert, dass die Kinder erwachsen sind und man selbst entsprechend älter geworden ist. Das kann ein Gefühl von Sinnlosigkeit erzeugen und sich anfühlen, als ob man einen wichtigen Teil seiner Identität verliert. Diese Gefühlslage ist der Kern des Empty-Nest-Syndroms.

ERGO_Icon_black_Gluehbirne

Das Empty-Nest-Syndrom ist keine Krankheit, aber ein wissenschaftlich untersuchtes und anerkanntes Phänomen. Im Fachjargon wird es als „Anpassungsproblem an die Übergangsphasen im Lebenszyklus“ bezeichnet und trägt den ICD-10-Diagnoseschlüssel Z60.0.

Wie macht sich das Empty-Nest-Syndrom bemerkbar?

Das Empty-Nest-Syndrom ist nicht immer eindeutig als solches zu erkennen, denn es schleicht sich oft unbemerkt in das Leben der Eltern ein.

Leere/Sehnsucht

Ein Anzeichen ist das Gefühl von unerwarteter Leere, wenn das Haus plötzlich still ist und der Alltag nicht mehr von den Bedürfnissen der Kinder bestimmt wird. Ohne Schulfahrten, Aktivitäten oder Gespräche mit den Kindern kann es sich anfühlen, als sei ein wichtiger Teil des Lebens abhandengekommen. Der Blick in die leeren Zimmer, die noch die Spuren des Lebens der Kinder tragen, weckt dann eine schmerzhafte Sehnsucht nach den Tagen, als noch alle zu Hause waren. Zu Beginn, wenn die Kinder gerade erst ausgezogen sind, können diese Gefühle besonders intensiv sein. Betroffene erwischen sich vielleicht dabei, dass sie immer wieder an die Zeiten zurückdenken, als die Kinder klein waren.

Melancholie

Fotos aus der Vergangenheit lassen sie melancholisch werden, und sie fragen sich, wie die Zeit so schnell vergehen konnte. Dieser Rückblick kann von einem tiefen Bedauern begleitet sein, Momente nicht genug ausgekostet oder Zeit nicht intensiver genutzt zu haben. Fragen wie „Was mache ich mit all der freien Zeit?“ oder „Bin ich jetzt nutzlos?“ tauchen auf. Dinge, die Betroffene früher nicht aus der Ruhe gebracht hätten, lösen plötzlich Traurigkeit oder gar Tränen aus. Sie sind sensibler für Kleinigkeiten, die sie daran erinnern, dass sich das Leben unwiderruflich verändert hat. Manche Eltern plagen auch Ängste und Sorgen, da die Kinder nun unbeaufsichtigt durchs Leben gehen. Diese Situation kann in manchen Fällen auch eine Partnerschaft belasten.

Unsere Unterstützungsangebote

Wie lange dauert das Empty-Nest-Syndrom?

Die Dauer und die Intensität des Empty-Nest-Syndroms variieren stark von Person zu Person und hängen von vielen Faktoren ab, wie der persönlichen Lebenssituation und der emotionalen Bindung zu den Kindern. Oft ist der Elternteil stärker betroffen, der sich mehr um die Kinder gekümmert hat, indem er oder sie zum Beispiel längere Zeit zu Hause geblieben ist. Es hängt auch davon ab, wie gut es gelingt, der neu gewonnenen Zeit und Freiheit etwas Positives abzugewinnen. Wer beispielsweise Schwierigkeiten hat, sich an neue Situationen zu gewöhnen, kann durchaus viele Monate unter den emotionalen Auswirkungen leiden. Wer hingegen neue Hobbys pflegt oder alte Freundschaften wieder aufleben lässt, fühlt sich vielleicht schon nach wenigen Wochen wieder gefestigt. In der Regel dauert das Empty-Nest-Syndrom mehrere Monate bis zu einem Jahr.

Was hilft gegen das Empty-Nest-Syndrom?

Mit dem Empty-Nest-Syndrom beginnt eine Phase der Neuorientierung – der Übergang von der Rolle der aktiven Eltern hin zu einem neuen Lebensabschnitt. Es ist ein Prozess des Loslassens, aber auch des Selbstfindens – ein langsames Annehmen der neuen Situation. So emotional aufwühlend der Lebensabschnitt auch sein mag: Sein Ende ist absehbar. Das bedeutet: Wer sich frühzeitig darauf vorbereitet, kann dem Empty-Nest-Syndrom entgegenwirken oder es zumindest abschwächen. Hier sind einige Ansätze, wie Eltern diesem emotionalen Tief vorbeugen können:

Eigene Interessen pflegen

Oft investieren Eltern so viel Zeit und Energie in das Leben ihrer Kinder, dass ihre eigenen Bedürfnisse in den Hintergrund treten. Wer sich aber schon während der aktiven Elternjahre Zeit für die eigenen Interessen, Hobbys und Freundschaften nimmt, hat ein starkes Fundament für die Zeit nach dem Auszug der Kinder. Eltern können sich auch vor dem Auszug der Kinder ein neues gemeinsames Hobby zulegen, das sie danach fortführen können.

Freundschaften und soziale Kontakte sind in dieser Zeit eine wertvolle Unterstützung. Der Kontakt zu Freunden, die ähnliche Phasen durchleben, oder das Kennenlernen neuer Menschen kann emotionalen Rückhalt bieten.

Die Partnerschaft aufleben lassen

Wenn die Rolle als Eltern in den Vordergrund rückt, bleibt manchmal wenig Zeit und Raum für die Paarbeziehung. Oftmals waren die Kinder jahrelang das zentrale Bindeglied und Hauptthema des gemeinsamen Alltags. Ihr Auszug schafft plötzlich Raum – nicht nur physisch, sondern auch emotional. Das kann zur Folge haben, dass unausgesprochene Konflikte an die Oberfläche gelangen, die vorher durch den Trubel des Familienlebens überdeckt wurden. Das Empty Nest kann deshalb eine Phase sein, in der Paare sich plötzlich neu begegnen. Die kontinuierliche Pflege der Partnerschaft, gemeinsame Erlebnisse und offene Kommunikation schaffen eine stabile Grundlage für diese neue Lebensphase.

Kinder langsam loslassen

Bereits in den letzten Jahren im Elternhaus sollten Eltern lernen, Verantwortung abzugeben und den Kindern mehr Freiraum zu lassen. Dies erleichtert sowohl den Kindern den Übergang ins eigenständige Leben als auch den Eltern das schrittweise Loslassen. Ein langsamer Abschied, bei dem bewusst gemacht wird, dass dieser Tag kommen wird, kann emotional entlastend wirken. Es kann auch helfen, mit den Kindern offen über die eigenen Gefühle und Ängste zu sprechen, wenn der Auszug bevorsteht. Regelmäßige Telefonate oder Besuche nach ihrem Auszug schaffen eine neue Form der Nähe und zeigen, dass die Beziehung bestehen bleibt, auch wenn sich die Umstände ändern.

Eigene Zukunftsvisionen schaffen

Anstatt das leere Nest als Ende einer Lebensphase zu sehen, kann die Zeit genutzt werden, um neue Lebensziele zu setzen. Vielleicht gibt es Reisen, von denen lange geträumt wurde, oder Projekte, die Sie längst umsetzen wollten. Sich auf die Zukunft zu freuen, gibt dem Leben nach dem Auszug der Kinder einen neuen Sinn und bietet etwas, worauf hingearbeitet werden kann.

Wann brauchen Menschen mit Empty-Nest-Syndrom Hilfe?

In manchen Fällen kann das Empty-Nest-Syndrom den Alltag deutlich beeinträchtigen. Wenn die Traurigkeit oder das Gefühl der Leere auch nach mehreren Monaten noch vorhanden sind, wenn das Leben ohne die Kinder so sinnlos erscheint, dass man sich kaum noch zu Aktivitäten motivieren kann, oder wenn depressive Symptome wie Schlafstörungen oder ständige Weinerlichkeit auftreten, sollte man sich Unterstützung holen. Das Gespräch mit zum Beispiel einem Therapeuten oder einer Therapeutin kann dabei helfen, diese Übergangsphase besser zu verstehen, emotionale Blockaden zu lösen und neue Wege zu finden, sich selbst wieder zu spüren.

Mehrere Hände werden übereinander gelegt

Selbsthilfegruppen für Menschen mit Empty-Nest-Syndrom

Inzwischen gibt es auch Selbsthilfegruppen für Menschen mit Empty-Nest-Syndrom. Dort treffen sich Menschen, die ähnliche Erfahrungen machen oder gemacht haben. Der Austausch mit anderen Eltern, die ebenfalls das Loslassen ihrer Kinder bewältigen, kann ungemein tröstlich sein. Es schafft ein Gefühl von Gemeinschaft – man ist nicht allein in dieser Situation. Selbsthilfegruppen bieten einen sicheren Raum, um über Ängste, Zweifel und Verluste zu sprechen, ohne sich dafür schämen zu müssen. Manchmal entstehen sogar langfristige Freundschaften, die über diese schwere Zeit hinaus Bestand haben.

Weitere Artikel für Ihre Gesundheit

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Empty-Nest-Syndrom

Was ist das Empty-Nest-Syndrom?

Der Begriff „Empty-Nest-Syndrom“ beschreibt die Gefühle von Eltern, wenn die Kinder das Elternhaus verlassen. Es ist meistens ein Mix aus Stolz, Trauer, Leere und Verlust, da der Alltag plötzlich weniger vom Leben der Kinder bestimmt wird.

Was ändert sich, wenn das Kind auszieht?

Wenn das Kind auszieht, verändert sich der Alltag der Eltern grundlegend. Die gewohnten Routinen fallen weg, das Haus wird stiller, und die Verantwortung für das Kind verringert sich. Eltern erleben oft eine Mischung aus Leere, Freiheit und der Notwendigkeit, sich neu zu orientieren und eigene Interessen zu stärken.

Was tun gegen das Empty-Nest-Syndrom?

Das Empty-Nest-Syndrom lässt sich lindern, indem neue Hobbys und Interessen verfolgt werden. Soziale Kontakte, Freundschaften und die Partnerschaft sollten bewusst gepflegt werden. Der Übergang kann durch Gespräche und professionelle Unterstützung erleichtert werden. Eine positive Sicht auf die neu gewonnene Freiheit fördert die persönliche Neuorientierung.

Betrifft das Empty-Nest-Syndrom nur Alleinerziehende?

Nicht nur Alleinerziehende können vom Empty-Nest-Syndrom betroffen sein, sondern auch Eltern in Partnerschaften. Allerdings empfinden Alleinerziehende die Veränderung oft intensiver, da die gesamte Verantwortung für die Kinder alleine getragen wurde.

    Kundenservice gebührenfrei anrufen
    Sie möchten direkt und unkompliziert Kontakt mit uns aufnehmen? Dann wenden Sie sich an unseren telefonischen Kundenservice.
    täglich 7-24 Uhr – gebührenfrei
    Rückruf-Service

    Unser Kundenservice ruft Sie gerne kostenlos zurück

    Rückruf anfordern
    Kundenservice per Live-Chat kontaktieren
    Montags bis Freitags
    07:00 - 19:00 Uhr
    Kundenservice per E-Mail kontaktieren

    Nutzen Sie auch unser Kontaktformular

    Zum Kontaktformular