Gicht ist eine Stoffwechselerkrankung, die durch zu viel Harnsäure im Blut ausgelöst wird. Statt über die Nieren ausgeschieden zu werden, kristallisiert sie ab einer bestimmten Konzentration im Körper aus. In diesem Artikel erhalten Sie einen umfassenden Überblick darüber, wie Gicht entsteht und wie sie behandelt wird.
Gicht (Arthritis urica) wird durch zu viel Harnsäure im Körper ausgelöst. Sie fällt natürlicherweise an, wenn körpereigene oder mit der Nahrung zugeführte Zellen im Stoffwechsel zerlegt werden. In wässrigem Milieu ist sie löslich, wenn auch schwer. Doch ab einer Konzentration von ungefähr 6,8 mg pro 100 ml kristallisiert sie in der Haut, den Gelenken und wichtigen Organen, wie der Niere, aus. Diese Kristalle können starke Schmerzen sowie Entzündungen hervorrufen.
Harnsäure kann an vielen Stellen des Körpers auskristallisieren. Bei niedrigeren Temperaturen geschieht dies schneller als im warmen Umfeld. Deshalb zeigen sich die typischen weißen Knötchen (Gichttophi) vor allem in Regionen fernab des Rumpfes, zum Beispiel an der kühleren Ohrmuschel oder an den Zehen.
In den Gelenken kann sich die Harnsäure als feine, spitze Nadeln ablagern, die die Beweglichkeit einschränken und Deformationen verursachen. Auch in den Organen können sich die Knoten bilden und Folgeerkrankungen verursachen. In den Nieren zum Beispiel lagern sich die Harnsäurekristalle als Nierensteine ab und können langfristig die Nierenfunktion einschränken. Gichtpatienten leiden oft unter zusätzlichen Erkrankungen wie Bluthochdruck, Insulinresistenz und erhöhten Blutfettwerten.
Anfangs verläuft Gicht oft völlig symptomlos, bis es zu einem Gichtanfall mit plötzlich auftretenden Schmerzen kommt. Oftmals ist es der große Zeh: Betroffene beschreiben es wie Tausend Nadelstiche, die im Gelenk knirschen.
Ein solcher Gichtanfall tritt auf, wenn die Harnsäurekristalle von den weißen Blutkörperchen, den Leukozyten, als Fremdkörper eingestuft und attackiert werden. Die dabei freigesetzten Entzündungsstoffe lassen das betroffene Gelenk anschwellen, erröten und überhitzen. Gichtanfälle sind nicht nur äußerst schmerzhaft, langfristig schädigen sie Knorpel und Knochen irreparabel und schränken die Beweglichkeit des Gelenks ein. Allerdings entwickeln nicht alle Patientinnen und Patienten mit erhöhten Harnsäurespiegeln automatisch Gichtschübe. Warum das so ist, ist bislang nicht bekannt.
Heute zählt die Gicht zu den häufigsten Zivilisationskrankheiten. Etwa drei Prozent der Männer und 0,4 Prozent der Frauen im Alter zwischen 30 und 59 Jahren sind in Deutschland davon betroffen. Übersteigen die Harnsäurewerte im Blut den jeweiligen Normalwert der Männer oder Frauen, spricht man von einer sogenannten Hyperurikämie.
Einordnung | Harnsäurespiegel im Blutserum (je nach Labor) |
Normal |
Männer: zwischen 3,4 und 7,0 mg/100 ml |
Einordnung: Harnsäurespiegel im Blutserum (je nach Labor)
Normal
Männer: zwischen 3,4 und 7,0 mg/100 ml
Frauen: zwischen 2,3 und 6,1 mg/100 ml
Je länger und ausgeprägter eine Hyperurikämie besteht, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit für das Entstehen einer Gicht. Die Harnsäurewerte im Blut können erhöht sein, wenn
Sogenannte Purine sind sowohl in pflanzlichen als auch tierischen Lebensmitteln enthalten. Sie entstehen daher nicht nur beim Abbau von Zellen im Körper, sie werden auch über die Nahrung zugeführt. Purine werden zu Harnsäure abgebaut, welche im Normalfall hauptsächlich über die Niere ausgeschieden wird. Frauen erkranken deutlich seltener und später an Gicht als Männer: Weil das Sexualhormon Östrogen die Ausscheidung von Harnsäure fördert, sind sie bis zum Eintreten der Wechseljahre vor Hyperurikämie gut geschützt.
Gicht ist nicht akut lebensbedrohlich, sollte aber so schnell wie möglich als solche erkannt werden. Denn nur mit einer frühzeitigen Diagnose lässt sich rasch mit einer wirksamen Therapie beginnen. Unbehandelt drohen schwere Gelenkschäden und ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko. Im September 2024 hat die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e. V. (DGRh) deshalb erstmals eine evidenzbasierte S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Gicht veröffentlicht. Sie soll Standards in der allgemeinmedizinischen und der fachärztlichen Versorgung setzen.
Betroffene sollten bei den ersten Symptomen einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen.
Bei einer ausführlichen Anamnese wird er oder sie Vorerkrankungen, familiäre Häufigkeiten und Risikofaktoren abfragen. Bei einer körperlichen Untersuchung der Gelenke lassen sich Schwellungen, Rötungen und eine Überwärmung erkennen. Zur Bestätigung der Diagnose wird in der Regel eine Blutuntersuchung durchgeführt, um den Harnsäurespiegel im Blut zu messen. Bei erhöhten Werten und typischen Symptomen ist eine Gichterkrankung zumindest wahrscheinlich. In unklaren Fällen können zusätzlich bildgebende Verfahren Harnsäurekristallablagerungen und bereits vorhandene Gelenkschädigungen sichtbar machen. Bei einer Gelenkpunktion wird Flüssigkeit aus dem betroffenen Gelenk entnommen. Lassen sich darin Harnsäurekristalle nachweisen, ist die Diagnose zweifelsfrei bestätigt.
Gicht ist heute gut behandelbar. In der Therapie geht es vorranging darum, Gichtanfälle zu verhindern, Gelenkschäden zu vermeiden und so die Funktionalität zu erhalten. Dabei ist leichter Sport förderlich, gegebenenfalls mithilfe schmerzlindernder Medikamente. Ein weiterer wichtiger Baustein in der Gicht-Therapie ist die Ernährung. Sie kann dazu beitragen, den Harnsäurewert zu senken und beeinflusst den Krankheitsverlauf insgesamt positiv.
Bei der Behandlung eines akuten Gichtanfalls steht die Schmerz- und Entzündungsbekämpfung im Vordergrund. Welche Medikamente zum Einsatz kommen, orientiert sich an möglichen Begleiterkrankungen und bestehenden Therapien.
Langfristig profitieren Gichtpatientinnen und -patienten von einem niedrigeren Harnsäurespiegel im Blutserum. Die Therapie zielt darauf ab, den Harnsäurespiegel unter den Schwellenwert zu senken, bei dem Kristallablagerungen entstehen. Dies kann durch Medikamente wie Harnsäuresynthese-Hemmer unterstützt werden.
Für Betroffene ist es allein wegen des hohen Risikos für Folgeerkrankungen sinnvoll, auf eine ausgewogene Kost zu setzen. Dies betont auch die S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Gicht.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) empfiehlt bei Gicht, den Konsum von Fleisch und Wurstwaren zu reduzieren und auf purinreiche Kost wie Innereien und Haut ganz zu verzichten. Kommt es nach gelegentlichem Fischkonsum zu Gichtanfällen, lässt sich die Versorgung der darin enthaltenen und besonders wertvollen Omega-3-Fettsäuren auch durch pflanzliche Öle wie Lein- oder Rapsöl sicherstellen.
Empfehlenswert ist eine tägliche Trinkmenge von mindestens zwei Litern. Dabei sollten zuckerlose, alkoholfreie Getränke wie Wasser, Saftschorlen und Kräuter- und Früchtetees den Vorzug erhalten. Eine ausreichende Flüssigkeitsversorgung ist wichtig, da sie die Ausscheidung von Harnsäure über den Urin fördert und so die Konzentration im Blut niedriggehalten wird. Bei einer akuten Gichterkrankung mit Harnsteinen empfiehlt der Berufsverband Deutscher Rheumatologen e. V. (BDRh) sogar eine Trinkmenge von drei Liter am Tag. Auch Kaffee, Tee und Kakao dürfen einen Beitrag zur täglichen Flüssigkeitszufuhr leisten. Alkohol ist in Maßen erlaubt, nicht empfehlenswert sind Spirituosen und Bier, da sie Purine enthalten und zusätzlich die renale Harnsäureausscheidung hemmen.
Gichtpatientinnen und -patienten sollten darüber hinaus die pro Tag aufgenommene Menge an Fruchtzucker im Blick behalten, da Fruktose ebenfalls zu Harnsäure abgebaut wird. Deshalb sind zwei Portionen Obst am Tag genug. Dabei sollte allerdings nicht nur Obst im Blick behalten werden, sondern auch zuckerhaltige Softdrinks und Multivitaminsäfte. Auch in Müsliriegeln, Fruchtjoghurts, Eis und anderen Süßigkeiten ist der Einfachzucker enthalten.
Regelmäßige Bewegung ist Teil eines gesunden Lebensstils. Bewegung tut den Gelenken gut und hilft, das Gewicht zu halten und eventuelles Übergewicht abzubauen. Studien zeigen, dass sich bereits durch die Normalisierung des Körpergewichts die Harnsäurekonzentration im Blut senken lässt. Gelenkschonende Sportarten wie Radfahren, Schwimmen, Nordic Walking, Skilanglauf oder Kräftigungsübungen sind gut geeignet.
Als Stoffwechselstörung ist Gicht eine Erkrankung des ganzen Körpers, die sich nicht einfach lokal operieren lässt. Allerdings können die Gichtknoten entfernt werden, um das Gelenk vor weiteren Schäden zu bewahren. Auch Deformationen an Finger- und Zehengelenken lassen sich operativ korrigieren. Wenn Gelenke bereits stark geschädigt und Bewegungen sehr schmerzhaft sind, können künstliche Gelenke eingesetzt oder die Gelenke versteift werden.
Kaffee ist bei Gicht nicht schädlich und kann sogar vorteilhaft sein, da er den Harnsäurespiegel leicht senken und das Gichtrisiko reduzieren kann. Studien zeigen, dass regelmäßiger Kaffeekonsum, auch wenn er entkoffeiniert ist, das Risiko für Gichtanfälle senken kann. Trotzdem sollte der Konsum moderat bleiben.
Gicht betrifft typischerweise Erwachsene, doch auch Kinder können in sehr seltenen Fällen Gicht entwickeln. Dann liegt insbesondere eine genetische Veranlagung oder eine Stoffwechselstörung wie eine Harnsäureüberproduktion vor.
Männer erkranken deutlich häufiger und früher an Gicht, weil Frauen bis zu den Wechseljahren durch das Sexualhormon Östrogen vor Hyperurikämie gut geschützt sind. Erst, wenn der Östrogenspiegel sinkt, haben Frauen ein genauso hohes Risiko wie Männer, eine Gicht zu entwickeln.
Bewegung tut den Gelenken gut und hilft, das Gewicht zu halten und eventuelles Übergewicht abzubauen. Optimal sind gelenkschonende Sportarten wie Radfahren, Schwimmen, Nordic Walking, Skilanglauf oder Kräftigungsübungen.
Bei einem akuten Gichtanfall helfen entzündungshemmende Medikamente wie NSAR (zum Beispiel Ibuprofen) oder Kortison-Präparate, die Schmerzen und Schwellungen schnell lindern. Ruhe und das Kühlen des betroffenen Gelenks können ebenfalls Entlastung bieten.
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