Manche Menschen reagieren nach dem Genuss von histaminhaltigen Lebensmitteln mit Symptomen, die sehr uncharakteristisch sein können. Was eine Histamin-Unverträglichkeit verursacht, wie sie diagnostiziert und behandelt wird, lesen Sie hier.
Ein schönes Glas Rotwein und dazu ein Stück Käse – für die einen der perfekte Ausklang des Tages, für andere Auslöser für unangenehme Beschwerden. Wer nach dem Genuss solcher Lebensmittel mit Übelkeit, Ausschlägen oder sogar Migräne zu kämpfen hat, gehört eventuell zu etwa einem Prozent der Bevölkerung, die sensibel auf Histamin reagiert. 80 Prozent davon sind Frauen mittleren Alters.
Histamin ist der wichtigste Vertreter der sogenannten biogenen Amine. Diese Stoffgruppe entsteht im natürlichen Stoffwechsel von Menschen, Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen und übernimmt dort die verschiedensten Funktionen. Manche von ihnen wirken als Hormone, andere sind Bestandteile von Enzymen, Vitaminen und Zellmembranen. Histamin selbst ist zum Beispiel unter anderem an allergischen Reaktionen beteiligt. Wo immer es in diesem Zuge zu geröteter Haut, Quaddeln, laufender Nase oder Juckreiz kommt – hier hat Histamin seine Finger im Spiel.
Histamin wird nicht nur im menschlichen Körper gebildet, sondern auch mit der Nahrung zugeführt. Normalerweise ist der Verzehr völlig unbedenklich. Es wird in Darm und Leber abgebaut, noch bevor es in die Blutbahn gelangt. Im Falle des Histamins kommt das Enzym Diaminoxidase ins Spiel. Bei manchen Menschen ist die Aktivität dieses Enzyms jedoch eingeschränkt. Dann liegt eine sogenannte Histaminintoleranz vor, bei der durch die Nahrung aufgenommenes Histamin nicht schnell genug reduziert wird und sich ansammelt. Außerdem können manche Medikamente und Alkohol die Diaminoxidase in ihrer Funktion beeinträchtigen, auch bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen kann sie gehemmt sein. Isst der Betroffene trotzdem histaminhaltige oder Histamin freisetzende Nahrungsmittel, antwortet der Körper mit einer pseudoallergischen Reaktion. Die Symptome treten meist unmittelbar bis zwei Stunden nach dem Essen auf und können bis zu einem halben Tag oder länger andauern:
Häufig werden zur Diagnose einer Histamin-Unverträglichkeit diverse Laborparameter herangezogen, obwohl die aktuelle Leitlinie diese Bestimmungen als nicht aussagekräftig wertet:
Als beste Methode zur Diagnose einer Histamin-Unverträglichkeit empfiehlt die Leitlinie eine gezielte Provokation, bei der Betroffene unter ärztlicher Aufsicht eine definierte Menge an Histamin aufnehmen sollten. Daneben steht das ausführliche Arzt-Patienten-Gespräch an erster Stelle. Ein Ernährungstagebuch hilft, mögliche Zusammenhänge zwischen den verzehrten Speisen und Beschwerden zu erkennen.
Hat der Arzt eine Histaminintoleranz offiziell bestätigt, empfiehlt die Leitlinie eine dreistufige Ernährungsumstellung. Auftakt bildet eine histaminfreie Diät für einen Zeitraum von etwa zwei Wochen, die sämtliche Symptome dann weitgehend verschwinden lässt. Anschließend sollten Betroffene ihre individuelle Toleranzschwelle und Verträglichkeit nach und nach austesten. Was vertragen wird und was nicht, hängt von vielen Faktoren ab, sodass keine scharfe Abgrenzung möglich ist. Folglich müssen nicht alle Betroffenen die gleiche Diät einhalten. Auch hier kommt wieder ein Ernährungstagebuch ins Spiel. Ziel ist eine dauerhafte Ernährung, die bedarfsdeckend ist und Spaß macht.
Histamin ist in nahezu allen Lebensmitteln zumindest in Spuren enthalten. Erhöhte Konzentrationen sind immer dann zu erwarten, wenn das Produkt im Laufe seiner Verarbeitung mit Mikroorganismen in Kontakt gekommen ist. Käse, Sauerkraut oder Rohwürste, die mithilfe von Milchsäurebakterien reifen beziehungsweise konserviert werden, sind deshalb vergleichsweise reich an Histamin. Gleiches gilt für Wein und Bier, die mit Hefepilzen vergoren wurden. Auch unerwünschte mikrobielle Prozesse, wie sie beim Verderb von Lebensmitteln stattfinden, lassen den Histamingehalt in die Höhe schnellen. Außerdem schwankt er mit der Lagerungsdauer: Je länger ein Lebensmittel lagert und nachreift, desto höher ist sein Gehalt an Histamin. Histamin findet sich als natürlicher Bestandteil in:
Bei einer leichten Form der Intoleranz kann es ausreichen, bereits Fertigprodukte und Alkohol zu meiden. In schwereren Fällen sollten Betroffene immer zu frischen Lebensmitteln greifen. So enthält fangfrischer Fisch zum Beispiel deutlich weniger Histamin als wieder aufgetauter. Junge Käsesorten wie Streichkäse und Butterkäse sind lange gereiftem Hartkäse vorzuziehen, Kochwurst (Leberwurst) ist bekömmlicher als Rohwurst (Salami) und Schinken. Auch Konserven sind deshalb tabu.
Das sollte auch beim Einkauf und der täglichen Speisenplanung berücksichtigt werden: Auch übrig gebliebene und wiederholt aufgewärmte Speisen können zu Unverträglichkeiten führen. Besser ist, feste Portionen zu kochen und möglichst keine Reste zu hinterlassen. Übrigens: Weder Erhitzen noch Tiefkühlen senken den Histamingehalt in Lebensmitteln.
Fragen Sie in der Apotheke, der Arztpraxis oder Ihre Ernährungsfachkraft nach den Wechselwirkungen mit Medikamenten. Manche stehen im Verdacht, den Abbau von Histamin zusätzlich zu hemmen. Außerdem lohnt es sich, sie auf Antihistaminika und Diaminoxidase-Produkte anzusprechen. Erstere schwächen die Wirkung des angestauten Histamins im Körper ab, während Letztere – etwa 15 bis 30 Minuten vor einer Mahlzeit eingenommen – den eigenen Mangel an Diaminoxidase im Darm ausgleichen können.
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