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Frau hält sich die Hände vor das Gesicht

Psychische Gewalt: Verstehen, erkennen und reagieren

Lesezeit: 6 Minuten
Was ist psychische Gewalt?
Wo bekommen Sie Hilfe?

Was Sie über psychische Gewalt wissen sollten

Psychische Gewalt ist äußerlich kaum zu erkennen. Trotzdem schmerzt sie mindestens genauso und kann tiefe Spuren in der Seele hinterlassen. Doch wie äußert sie sich? In diesem Artikel erhalten Sie Beispiele zu den Facetten psychischer Gewalt, lernen die Beweggründe der Täter und Täterinnen kennen und erfahren, wo Betroffene Hilfe finden können.

Das Wichtigste in Kürze

  • Psychische Gewalt äußert sich in Handlungen, Worten und Taten, die das Opfer emotional verletzen sollen.
  • Psychische Gewalt hat viele Facetten, die von Beleidigungen, Schikane, Drohungen bis hin zu Ignoranz und Isolation reichen können.
  • Psychische Gewalt ist strafbar, Betroffene haben also Anspruch auf Hilfe.

Was ist psychische Gewalt?

Psychische Gewalt ist äußerlich schwer zu erkennen, denn ihre Spuren hinterlässt sie in der Seele. Betroffene erleiden keine direkten physischen Schäden, sondern bekommen von den Tätern oder Täterinnen über Handlungen, Worte und Blicke emotionale Gewalt angetan. Dabei geht es nicht um die kurzfristigen Folgen eines Streits, in dem möglicherweise auch Dinge gesagt werden, die man später bereut. Bei psychischer Gewalt geht es um die dauerhafte Ausübung von Macht und Kontrolle. Oftmals geschieht dies allerdings so subtil, dass dies von den Betroffenen selbst erst spät als psychische Gewalt wahrgenommen wird – von dem sozialen Umfeld vielleicht sogar gar nicht. Die Täter und die Täterinnen bedienen sich dabei den verschiedensten Methoden. Um diese zu benennen, hat das Robert Koch-Institut für die Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) 2013 den Studienteilnehmern und -teilnehmerinnen beispielsweise folgende Fragen gestellt:

Für Opfererfahrungen:

„Sind Sie in den letzten zwölf Monaten durch irgendeinen Menschen abgewertet worden (zum Beispiel bezüglich Ihres Aussehens, Ihrer Art, sich zu kleiden, Ihrer Denk-, Handlungs- oder Arbeitsweise oder möglicher Behinderungen)? Oder wurden Sie beleidigt, beschimpft, bedroht, schikaniert oder unter Druck gesetzt?“

Für Tätererfahrungen:

„Haben Sie selbst in den letzten zwölf Monaten irgendeinen Menschen abgewertet (zum Beispiel bezüglich seines Aussehens, seiner Art, sich zu kleiden, seiner Denk-, Handlungs- oder Arbeitsweise oder möglicher Behinderungen)? Oder haben Sie eine Person beleidigt, beschimpft, bedroht, schikaniert oder unter Druck gesetzt?“

Beispiele für psychische Gewalt

Psychische Gewalt hat viele Facetten. Sie kann sich in folgenden Handlungen äußern:

Abwertendes Verhalten

Abwertendes Verhalten ist ein Kompensationsmechanismus, mit dem der Täter oder die Täterin sich selbst besser darzustellen versucht. Das beginnt vielleicht mit Kritik, Spott oder Belustigung an Kleidung oder Verhalten, geht dann aber schnell weiter hin zu schweren Beleidigungen der Person selbst, ihrer Arbeit, ihrer Art zu leben oder mit anderen zu interagieren. Opfer glauben, es nie recht machen zu können. Abwertend ist auch, die Leistungen einer Person herabzuwürdigen. Das Opfer nimmt diese Kritik als berechtigt an und beginnt, an sich selbst und dem eigenen Selbstwert zu zweifeln.

Ignorieren, Nichtbeachten und Schweigen

Ignorieren, Nichtbeachten und Schweigen sind Formen der Bestrafung, mit denen der Täter oder die Täterin sein/ihr Opfer zu manipulieren versucht. Es fühlt sich schuldig, ohne zu wissen, was es eigentlich falsch gemacht hat. Getrieben von dem Wunsch, dass der Täter oder die Täterin endlich verzeiht, versucht es alles, damit er oder sie nicht mehr wütend ist. Manchmal nimmt der Täter oder die Täterin dabei bewusst die Opferrolle ein und macht das Opfer mit Schuldzuweisungen für die Situation verantwortlich.

Gaslighting

Gaslighting bezeichnet eine Methode psychischer Gewalt, bei der der Täter oder die Täterin das Opfer zunehmend an dessen eigener Wahrnehmung und Urteilsfähigkeit zweifeln lässt – so wie in dem gleichnamigen Theaterstück „Gas Light“ von Patrick Hamilton, nach dem diese Methode benannt ist. Dafür werden beispielsweise Erinnerungen als falsch dargestellt oder Geschehnisse erfunden, bis das Opfer glaubt, den Verstand zu verlieren.

Abschotten

Abschotten kommt meist in Partnerschaften vor und hilft dem Täter oder der Täterin, das Opfer dem Einfluss von Familie, Freunden und Verwandten zu entziehen. Dazu werden Anrufe oder Einladungen bewusst nicht ausgerichtet, Verabredungen gezielt boykottiert oder das Umfeld des Opfers in Misskredit gebracht. Manchmal ist extreme Eifersucht die Ursache für solch ein Verhalten. Isoliert von der Außenwelt, hat der oder die Betroffene keine Möglichkeit, über das Erlebte zu sprechen und von anderen Menschen bestärkt zu werden, sich aus dieser Beziehung zu lösen.

Drohungen und Erpressungen

Drohungen und Erpressungen binden das Opfer aus Angst an den Täter oder die Täterin. Ein massives Druckmittel sind beispielsweise gemeinsame Kinder: Die Angst, diese zu verlieren oder dass ihnen etwas angetan werden könnte oder sie Zeuge der häuslichen Gewalt werden, übt einen enormen Druck auf das Opfer aus.

Passiv-aggressives Verhalten

Passiv-aggressives Verhalten ist ein Ausdruck von Frust, schlechter Laune und schwelenden Konflikten: Mit Sticheleien, Sarkasmus und Spott verunsichert der Täter oder die Täterin sein/ihr Opfer und suggeriert, dass es etwas falsch gemacht hat.

Stalking

Stalking kommt meist außerhalb von Partnerschaften vor. Der Täter oder die Täterin zwingt dem Opfer Kontakt auf, zum Beispiel telefonisch, über Briefe, E-Mails oder die sozialen Netzwerke. Manche Stalker oder Stalkerinnen beobachten den Tagesablauf und Gewohnheiten ihres Opfers und arrangieren Begegnungen. Dazu dringen sie eventuell auch in Wohnräume oder andere Bereiche wie den Arbeitsplatz oder das Fitnessstudio ein.

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Auch Kinder können Opfer psychischer Gewalt sein. Diese äußert sich zum Beispiel im Elternhaus durch Liebesentzug oder das Erzeugen von Schuldgefühlen. Im sozialen Umfeld zum Beispiel als Mobbing.

Welche Spuren hinterlässt psychische Gewalt an den Opfern?

Psychische Gewalt hinterlässt zwar weniger sichtbare Spuren als physische Gewalt, ist aber ebenso schwerwiegend. Die Betroffenen werden tagtäglich fremdbestimmt und geraten in eine Abhängigkeit von dem Täter oder der Täterin, was sich auf das Selbstwertgefühl und die psychische Verfassung auswirken kann.

Kind in der Hocke versteckt sein Gesicht hinter den Armen

Mögliche Folgen sind:

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Wie häufig ist psychische Gewalt?

Psychische Gewalt ist kein Einzelfall. In der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) gab jeder Zehnte der fast 6 000 Befragten zwischen 18 und 64 Jahren an, anderen in den zwölf Monaten vor der Befragung psychische Gewalt angetan zu haben. Jeder Fünfte wurde zum Opfer psychischer Gewalt. Ihnen wurde demnach Gewalt angetan von

  • dem Partner oder der Partnerin, sagen 6,1 Prozent der Frauen und 3,3 Prozent der Männer,
  • einem sonstigen Familienmitglied, sagen 6,6 Prozent der Frauen und 3,1 Prozent der Männer,
  • einem Kollegen oder Vorgesetzten, sagen 8,6 Prozent der Frauen und 9,0 Prozent der Männer,
  • einer/einem Bekannten, sagen 5,8 Prozent der Frauen und 6,0 Prozent der Männer,
  • einer fremden Person, sagen 3,2 Prozent der Frauen und 4,7 Prozent der Männer.
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Sehr häufig wird psychische Gewalt demnach in einer Partnerschaft von dem Partner ausgeübt. Eine Auswertung des Bundeskriminalamtes zu Partnerschaftsgewalt hat im Jahr 2022 insgesamt rund 38 227 Opfer von Bedrohung, Stalking und Nötigung erfasst. Davon rund 85 Prozent weiblichen und 15 Prozent männlichen Geschlechts. Allerdings geben diese Zahlen nur die angezeigten Fälle wieder. Die Dunkelziffer ist vermutlich um ein Vielfaches höher.

Mann in hellblauem Hemd

Wie wird man Opfer von psychischer Gewalt?

Beziehungen beginnen oft ausgesprochen gut. Viele Paare distanzieren sich zu Beginn ganz bewusst von ihrer Umgebung, um viel Zeit zu zweit zu verbringen. Dabei werden die Opfer zu Beginn der Beziehung gezielt umworben, denn typische Täter oder Täterinnen sind sehr charmant und charismatisch. Allerdings haben sie oft auch Probleme, Kritik anzunehmen, sind leicht reizbar, eifersüchtig und besitzergreifend. Während die Wünsche des Täters oder der Täterin zunehmend im Mittelpunkt stehen, werden die Bedürfnisse des Opfers völlig übergangen und ihm sogar falsche Bedürfnisse und Gefühle, aber auch psychische Schwächen und Krankheiten eingeredet. Allerdings ist den Betroffenen oft nicht bewusst, dass ihre Erfahrungen als psychische Gewalt einzuordnen sind.

Ist psychische Gewalt strafbar?

Psychische Gewalt ist im Gewaltschutzgesetz erfasst. Sie hat viele Facetten und kann daher im Strafgesetzbuch verschiedene Straftaten darstellen:

Beleidigung nach § 185 StGB
üble Nachrede nach § 186 StGB
Nachstellung nach § 238 StGB
Nötigung nach § 240 StGB
Bedrohung nach § 241 StGB
Erpressung nach § 253 StGB
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Psychische Gewalt ist also strafbar, jedoch deutlich schwerer nachzuweisen als körperliche Gewalt. Das Aufsuchen einer Beratungsstelle kann helfen, mögliche Optionen zu besprechen. Hilfreich ist, Beweise in Form von Briefen, Chatverläufen, E-Mails sowie Tagebucheinträgen zu sammeln oder für Zeugen von Beleidigungen und Herabwürdigungen zu sorgen.

Wo bekomme ich Hilfe bei psychischer Gewalt?

Opfer von psychischer Gewalt brauchen Hilfe. Wichtig ist, sich zunächst die Perspektive von Außenstehenden einzuholen, zum Beispiel von guten Freunden. Auch externe Beratungsstellen können Anlaufstellen sein, um über das Erlebte zu sprechen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sowie das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) empfehlen unter anderem folgende Hilfestellen:

Handfläche mit den Worten Wir Helfen
  • die Polizei über den Notruf 110
  • die örtlichen Frauenhäuser, zu erfragen über die Koordinierungsstelle, Tel. 030 338 43 42-0
  • das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter der Telefonnummer 08000 116 016
  • die Außenstellen des Opfer-Telefons „Weißer Ring“ unter der Nummer 116 006
  • den Verein „Nummer gegen Kummer e. V.“ für Kinder und Jugendliche unter der Nummer 116 111

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FAQ: Häufig gestellte Fragen zu psychischer Gewalt

Was ist psychische Gewalt?

Psychische Gewalt hinterlässt Spuren in der Seele. Opfer psychischer Gewalt werden nicht geschlagen, sondern bekommen von den Tätern oder Täterinnen über Handlungen, Worte und Blicke emotionale Gewalt angetan.

Wie erkennt man psychische Gewalt?

Opfer werden zum Beispiel beleidigt, beschimpft, bedroht, schikaniert oder unter Druck gesetzt. Den Betroffenen selbst ist allerdings oft nicht bewusst, dass dies als psychische Gewalt zu bewerten ist. Auch in der Familie, bei Freunden und Bekannten bleibt sie daher oft lange unbemerkt. Alarmzeichen für Außenstehende können sein, wenn sich Personen plötzlich zurückziehen, keine eigenen Entscheidungen mehr treffen oder kein Geld mehr zur Verfügung haben.

Was tun bei psychischer Gewalt?

Opfer von psychischer Gewalt brauchen Schutz. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz empfehlen unter anderem folgende Hilfestellen:

  • die Polizei über den Notruf 110
  • die örtlichen Frauenhäuser, zu erfragen über die Koordinierungsstelle, Tel. 030 338 43 42-0
  • das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter der Telefonnummer 08000 116 016
  • die Außenstellen des Opfer-Telefons „Weißer Ring“ unter der Nummer 116 006
  • den Verein „Nummer gegen Kummer e. V.“ für Kinder und Jugendliche unter der Nummer 116 111
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