Psychische Gewalt ist äußerlich kaum zu erkennen. Trotzdem schmerzt sie mindestens genauso und kann tiefe Spuren in der Seele hinterlassen. Doch wie äußert sie sich? In diesem Artikel erhalten Sie Beispiele zu den Facetten psychischer Gewalt, lernen die Beweggründe der Täter und Täterinnen kennen und erfahren, wo Betroffene Hilfe finden können.
Psychische Gewalt ist äußerlich schwer zu erkennen, denn ihre Spuren hinterlässt sie in der Seele. Betroffene erleiden keine direkten physischen Schäden, sondern bekommen von den Tätern oder Täterinnen über Handlungen, Worte und Blicke emotionale Gewalt angetan. Dabei geht es nicht um die kurzfristigen Folgen eines Streits, in dem möglicherweise auch Dinge gesagt werden, die man später bereut. Bei psychischer Gewalt geht es um die dauerhafte Ausübung von Macht und Kontrolle. Oftmals geschieht dies allerdings so subtil, dass dies von den Betroffenen selbst erst spät als psychische Gewalt wahrgenommen wird – von dem sozialen Umfeld vielleicht sogar gar nicht. Die Täter und die Täterinnen bedienen sich dabei den verschiedensten Methoden. Um diese zu benennen, hat das Robert Koch-Institut für die Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) 2013 den Studienteilnehmern und -teilnehmerinnen beispielsweise folgende Fragen gestellt:
„Sind Sie in den letzten zwölf Monaten durch irgendeinen Menschen abgewertet worden (zum Beispiel bezüglich Ihres Aussehens, Ihrer Art, sich zu kleiden, Ihrer Denk-, Handlungs- oder Arbeitsweise oder möglicher Behinderungen)? Oder wurden Sie beleidigt, beschimpft, bedroht, schikaniert oder unter Druck gesetzt?“
„Haben Sie selbst in den letzten zwölf Monaten irgendeinen Menschen abgewertet (zum Beispiel bezüglich seines Aussehens, seiner Art, sich zu kleiden, seiner Denk-, Handlungs- oder Arbeitsweise oder möglicher Behinderungen)? Oder haben Sie eine Person beleidigt, beschimpft, bedroht, schikaniert oder unter Druck gesetzt?“
Psychische Gewalt hat viele Facetten. Sie kann sich in folgenden Handlungen äußern:
Abwertendes Verhalten ist ein Kompensationsmechanismus, mit dem der Täter oder die Täterin sich selbst besser darzustellen versucht. Das beginnt vielleicht mit Kritik, Spott oder Belustigung an Kleidung oder Verhalten, geht dann aber schnell weiter hin zu schweren Beleidigungen der Person selbst, ihrer Arbeit, ihrer Art zu leben oder mit anderen zu interagieren. Opfer glauben, es nie recht machen zu können. Abwertend ist auch, die Leistungen einer Person herabzuwürdigen. Das Opfer nimmt diese Kritik als berechtigt an und beginnt, an sich selbst und dem eigenen Selbstwert zu zweifeln.
Ignorieren, Nichtbeachten und Schweigen sind Formen der Bestrafung, mit denen der Täter oder die Täterin sein/ihr Opfer zu manipulieren versucht. Es fühlt sich schuldig, ohne zu wissen, was es eigentlich falsch gemacht hat. Getrieben von dem Wunsch, dass der Täter oder die Täterin endlich verzeiht, versucht es alles, damit er oder sie nicht mehr wütend ist. Manchmal nimmt der Täter oder die Täterin dabei bewusst die Opferrolle ein und macht das Opfer mit Schuldzuweisungen für die Situation verantwortlich.
Gaslighting bezeichnet eine Methode psychischer Gewalt, bei der der Täter oder die Täterin das Opfer zunehmend an dessen eigener Wahrnehmung und Urteilsfähigkeit zweifeln lässt – so wie in dem gleichnamigen Theaterstück „Gas Light“ von Patrick Hamilton, nach dem diese Methode benannt ist. Dafür werden beispielsweise Erinnerungen als falsch dargestellt oder Geschehnisse erfunden, bis das Opfer glaubt, den Verstand zu verlieren.
Abschotten kommt meist in Partnerschaften vor und hilft dem Täter oder der Täterin, das Opfer dem Einfluss von Familie, Freunden und Verwandten zu entziehen. Dazu werden Anrufe oder Einladungen bewusst nicht ausgerichtet, Verabredungen gezielt boykottiert oder das Umfeld des Opfers in Misskredit gebracht. Manchmal ist extreme Eifersucht die Ursache für solch ein Verhalten. Isoliert von der Außenwelt, hat der oder die Betroffene keine Möglichkeit, über das Erlebte zu sprechen und von anderen Menschen bestärkt zu werden, sich aus dieser Beziehung zu lösen.
Drohungen und Erpressungen binden das Opfer aus Angst an den Täter oder die Täterin. Ein massives Druckmittel sind beispielsweise gemeinsame Kinder: Die Angst, diese zu verlieren oder dass ihnen etwas angetan werden könnte oder sie Zeuge der häuslichen Gewalt werden, übt einen enormen Druck auf das Opfer aus.
Passiv-aggressives Verhalten ist ein Ausdruck von Frust, schlechter Laune und schwelenden Konflikten: Mit Sticheleien, Sarkasmus und Spott verunsichert der Täter oder die Täterin sein/ihr Opfer und suggeriert, dass es etwas falsch gemacht hat.
Stalking kommt meist außerhalb von Partnerschaften vor. Der Täter oder die Täterin zwingt dem Opfer Kontakt auf, zum Beispiel telefonisch, über Briefe, E-Mails oder die sozialen Netzwerke. Manche Stalker oder Stalkerinnen beobachten den Tagesablauf und Gewohnheiten ihres Opfers und arrangieren Begegnungen. Dazu dringen sie eventuell auch in Wohnräume oder andere Bereiche wie den Arbeitsplatz oder das Fitnessstudio ein.
Auch Kinder können Opfer psychischer Gewalt sein. Diese äußert sich zum Beispiel im Elternhaus durch Liebesentzug oder das Erzeugen von Schuldgefühlen. Im sozialen Umfeld zum Beispiel als Mobbing.
Psychische Gewalt hinterlässt zwar weniger sichtbare Spuren als physische Gewalt, ist aber ebenso schwerwiegend. Die Betroffenen werden tagtäglich fremdbestimmt und geraten in eine Abhängigkeit von dem Täter oder der Täterin, was sich auf das Selbstwertgefühl und die psychische Verfassung auswirken kann.
Mögliche Folgen sind:
Psychische Gewalt ist kein Einzelfall. In der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) gab jeder Zehnte der fast 6 000 Befragten zwischen 18 und 64 Jahren an, anderen in den zwölf Monaten vor der Befragung psychische Gewalt angetan zu haben. Jeder Fünfte wurde zum Opfer psychischer Gewalt. Ihnen wurde demnach Gewalt angetan von
Sehr häufig wird psychische Gewalt demnach in einer Partnerschaft von dem Partner ausgeübt. Eine Auswertung des Bundeskriminalamtes zu Partnerschaftsgewalt hat im Jahr 2022 insgesamt rund 38 227 Opfer von Bedrohung, Stalking und Nötigung erfasst. Davon rund 85 Prozent weiblichen und 15 Prozent männlichen Geschlechts. Allerdings geben diese Zahlen nur die angezeigten Fälle wieder. Die Dunkelziffer ist vermutlich um ein Vielfaches höher.
Beziehungen beginnen oft ausgesprochen gut. Viele Paare distanzieren sich zu Beginn ganz bewusst von ihrer Umgebung, um viel Zeit zu zweit zu verbringen. Dabei werden die Opfer zu Beginn der Beziehung gezielt umworben, denn typische Täter oder Täterinnen sind sehr charmant und charismatisch. Allerdings haben sie oft auch Probleme, Kritik anzunehmen, sind leicht reizbar, eifersüchtig und besitzergreifend. Während die Wünsche des Täters oder der Täterin zunehmend im Mittelpunkt stehen, werden die Bedürfnisse des Opfers völlig übergangen und ihm sogar falsche Bedürfnisse und Gefühle, aber auch psychische Schwächen und Krankheiten eingeredet. Allerdings ist den Betroffenen oft nicht bewusst, dass ihre Erfahrungen als psychische Gewalt einzuordnen sind.
Psychische Gewalt ist also strafbar, jedoch deutlich schwerer nachzuweisen als körperliche Gewalt. Das Aufsuchen einer Beratungsstelle kann helfen, mögliche Optionen zu besprechen. Hilfreich ist, Beweise in Form von Briefen, Chatverläufen, E-Mails sowie Tagebucheinträgen zu sammeln oder für Zeugen von Beleidigungen und Herabwürdigungen zu sorgen.
Opfer von psychischer Gewalt brauchen Hilfe. Wichtig ist, sich zunächst die Perspektive von Außenstehenden einzuholen, zum Beispiel von guten Freunden. Auch externe Beratungsstellen können Anlaufstellen sein, um über das Erlebte zu sprechen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sowie das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) empfehlen unter anderem folgende Hilfestellen:
Psychische Gewalt hinterlässt Spuren in der Seele. Opfer psychischer Gewalt werden nicht geschlagen, sondern bekommen von den Tätern oder Täterinnen über Handlungen, Worte und Blicke emotionale Gewalt angetan.
Opfer werden zum Beispiel beleidigt, beschimpft, bedroht, schikaniert oder unter Druck gesetzt. Den Betroffenen selbst ist allerdings oft nicht bewusst, dass dies als psychische Gewalt zu bewerten ist. Auch in der Familie, bei Freunden und Bekannten bleibt sie daher oft lange unbemerkt. Alarmzeichen für Außenstehende können sein, wenn sich Personen plötzlich zurückziehen, keine eigenen Entscheidungen mehr treffen oder kein Geld mehr zur Verfügung haben.
Opfer von psychischer Gewalt brauchen Schutz. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz empfehlen unter anderem folgende Hilfestellen:
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