Resilienz beschreibt die Fähigkeit eines Menschen, Krisen, Stress und belastende Situationen zu bewältigen. Hier erfahren Sie, wie Resilienz entsteht und wie Sie gestärkt mit Herausforderungen umgehen.
Manchmal stellt uns das Leben vor große Herausforderungen. Situationen, wie der Tod eines geliebten Menschen, die Trennung vom Partner, ein erkranktes Kind oder existenzielle Sorgen um Beruf und Geld verlangen uns einiges ab. Manche Menschen können mit solchen Krisen besser umgehen als andere und gehen sogar gestärkt daraus hervor. Um diese Fähigkeit zu beschreiben, bedienen sich Psychologen eines Begriffes aus der Physik: dem der Resilienz, also dem Vermögen eines Stoffes, nach extremer Spannung wieder in den Ursprungszustand zurückzukehren. Genauso finden auch resiliente Menschen nach belastenden Situationen schnell wieder in ihr Gleichgewicht zurück. Der Begriff „Resilienz“ geht auf das lateinische Wort „resilire“ zurück und bedeutet so viel wie „abprallen“ oder „zurückspringen“.
Mit der Frage, warum manche Menschen besser mit Stress umgehen können als andere, beschäftigt sich die Wissenschaft schon eine ganze Weile. Als wegweisend für die Resilienzforschung gilt heute die Längsschnittstudie von Emmy Werner (1929–2017) aus dem Jahre 1977, die kauaianische Kinder (Kauai, Hawaii-Insel) aus teilweise schwierigen Verhältnissen über vier Jahrzehnte begleitet hat. Zwei Drittel dieser Risikokinder zeigten zwar erwartungsgemäß später Lern- oder Verhaltensstörungen, wurden straffällig oder anderweitig auffällig – ein Drittel aber nicht. Diese Kinder entwickelten sich stattdessen zu glücklichen, erfolgreichen und selbstbewussten Erwachsenen. Die grundlegende Erkenntnis dieser Studie war, dass sich ungünstige Lebensumstände in der Kindheit nicht zwingend fortsetzen müssen. Emmy Werner identifizierte jedoch bestimmte Faktoren, die Voraussetzung für solche positiven Wendungen sind. Dazu gehören insbesondere liebevolle Bezugspersonen und Unterstützung von Schule und Bildungseinrichtungen. Zudem besaßen die Kinder selbst persönliche Eigenschaften, wie eine mindestens durchschnittliche Intelligenz und ein angenehmes Wesen, mit dem sie Menschen für sich gewinnen konnten.
Mithilfe von Resilienzmodellen versuchen Wissenschaftler, die nötigen Faktoren für Resilienz möglichst präzise zu benennen und greifbar zu machen. Zu den bekanntesten Modellen zählen die 7 Säulen der Resilienz der Diplompsychologin Ursula Nuber.
Die 7 Elemente sind:
Dieses Modell ist jedoch nicht in Stein gemeißelt. Andere Experten und Expertinnen benennen und gewichten die einzelnen Faktoren unterschiedlich oder haben völlig andere Faktoren als Voraussetzung für Resilienz identifiziert. So werden auch für Kinder andere Resilienzfaktoren genannt als für Erwachsene. Außerdem variieren die Faktoren je nach Kontext: Im beruflichen Zusammenhang wird zum Beispiel die Fähigkeit, sich neuen Aufgaben zu stellen, stärker gewichtet als in anderen Resilienzmodellen.
Resilienz galt lange als angeboren – man war also resilient oder eben nicht. Heute gehen Wissenschaftler davon aus, dass einem Resilienz nicht in die Wiege gelegt wird, sondern im Laufe des Lebens als Anpassung an immer wechselnde Stressoren erworben wird. Außerdem scheint Resilienz dynamisch zu sein und sich im Laufe der Lebensphasen durchaus zu verändern. Niemand ist immer gleich widerstandsfähig, sondern mal ist man stärker und mal schwächer.
Fachleute sind sich sicher, dass jeder seine persönliche Resilienz stärken kann. Eine wichtige Rolle für die Resilienz spielt hierbei eine innere Zufriedenheit, für die der Mediziner Aaron Antonovsky (1923–1994) basierend auf dem lateinischen Wort „cohaerere“ (= zusammenhängen) den Begriff „Kohärenz“ geprägt hat. Das sogenannte Kohärenzgefühl beschreibt, wie sehr wir mit unserer Umwelt und unserem Leben im Reinen sind.
Aaron Antonovsky zufolge speist sich das Kohärenzgefühl aus drei Aspekten:
Resilienz stärkend wirken daher Strategien, die die Sicht auf die Dinge verändern. Dazu gehören beispielsweise Achtsamkeitsübungen, Entspannungs- und Stressbewältigungstrainings, aber auch Atemschulungsprogramme oder Coachings. Es gibt jedoch Experten, die vor einem falschen Resilienz-Verständnis und Selbstüberschätzung warnen. Sie befürchten, dass die starke populärwissenschaftliche Verbreitung des Themas in Ratgebern, Online-Webinaren und Zeitschriften den Eindruck vermittelt, als könne jeder alles schaffen, wenn er nur resilient genug ist – und umgekehrt jede Form von Schwäche nur eine Folge mangelnder Resilienz ist. Akzeptieren Sie lieber, nicht jede Herausforderung alleine schaffen zu können. Resilient zu sein, kann nämlich auch bedeuten, sich aktiv Hilfe zu suchen, wenn sie nötig ist.
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