Elektromyostimulation (EMS) ist eine Trainingsmethode, bei der die Muskeln mit Strom stimuliert werden. Sie gilt als besonders effektiv, wenn man Muskeln aufbauen und Rückenschmerzen entgegenwirken möchte. Zudem handelt es sich um ein gelenkschonendes Training. Wie effektiv es wirklich ist und welche Vor- und Nachteile damit einhergehen können, lesen Sie hier.
Eine schlankere und straffere Figur mit nur 20 Minuten Training pro Woche – das verspricht EMS. Die Abkürzung steht für Elektromyostimulation (auch: elektrische Muskelstimulation) und bezeichnet ein recht neues Fitnesstraining, bei dem die Muskeln mit Strom stimuliert werden. Die Idee dahinter ist nicht neu: Das Verfahren, bestimmte Muskeln von außen gezielt anzuregen, wird in der Physiotherapie schon seit den 1970er-Jahren eingesetzt. Dort heißt es Elektrotherapie und wird der Deutschen Schmerzgesellschaft zufolge genutzt, um Gewebe gezielt zu erwärmen, Schmerzen zu reduzieren, Nerven zu reizen, Schwellungen im Gewebe abzubauen oder die Muskulatur zu aktivieren. Die Elektrotherapie zählt, anders als das EMS-Training, zu den Heilmitteln, deren Wirksamkeit nachgewiesen ist.
Beim EMS-Training wird Strom nicht zu therapeutischen Zwecken genutzt, sondern vor allem zu kosmetischen. EMS verstärkt mithilfe von Nervenimpulsen, was beim Sport sowieso passiert: Der Muskel arbeitet, indem die kleinen Eiweißstränge im Inneren in- und auseinandergleiten. Der Muskel zieht sich dadurch zusammen (kontrahiert) und erschlafft anschließend wieder (relaxiert). Das machen die Muskeln nicht von selbst, sondern weil sie von einem Nervenimpuls dazu angeregt werden. Chemische Botenstoffe sorgen währenddessen natürlicherweise für eine elektrische Differenz von etwa –70 mV auf +30 mV an der Muskelzelle (Aktionspotenzial). Millivolt (mV) ist eine Einheit für elektrische Spannung, die dafür sorgt, dass sich besondere Kanäle öffnen und Kalzium in die Muskelzelle einströmen kann. Dort dockt das Mineral an die Eiweißstränge an und leitet die Kontraktion ein.
Diese Funktionsweise des Muskels macht sich das EMS-Training zunutze: Beim EMS-Training übertragen kleine Elektroden schwache Stromstöße an die darunterliegende Muskulatur. Die Trainierenden tragen dazu eine eng anliegende Weste oder einen Anzug, an denen sich die Elektroden befinden. Während sie in bestimmten Übungen wie Sit-ups, Kniebeugen oder Unterarmstützen verharren, erhalten die Muskeln einen zusätzlichen Impuls. Je nach Trainingslevel und Einstellung des Geräts dauert dieser zwischen einer und fünf Sekunden und bestimmt so, ob ein Muskel nur kurz kontrahiert oder die Spannung länger hält. Auf diese Weise arbeitet die Muskulatur verstärkt. EMS verursacht keine Schmerzen, Trainierende nehmen den Reiz als Kribbeln wahr.
Einzelne Studien bescheinigen dem EMS-Training eine gute Wirksamkeit in Sachen Muskelaufbau, Gewichtsverlust und Linderung von Rückenschmerzen. So haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Universität Nürnberg-Erlangen das EMS-Training untersucht. Das Team um Prof. Dr. Wolfgang Kemmler von der Universität Nürnberg-Erlangen verglich im Rahmen eines Forschungsprojektes die Effekte von Ganzkörper-EMS und hochintensivem Krafttraining (HIT).
Dazu wurden 46 gesunde, aber untrainierte Männer zwischen 30 und 50 Jahren in zwei Gruppen eingeteilt: 23 von ihnen übten das EMS-Training aus, während die andere Hälfte dem HIT-Training folgte. Im Resultat führten beide Trainingsmethoden zu einem Anstieg von Muskelmasse und -kraft sowie einem Verlust von Körperfett. Der Trainingsaufwand mit EMS war allerdings nur halb so hoch wie in der HIT-Vergleichsgruppe. An Männern über 70 Jahren konnten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zudem zeigen, dass die Kombination aus EMS-Training und Proteingabe die Körperzusammensetzung positiv beeinflusste und altersbedingtem Muskelschwund entgegenwirkte: Sie verbesserte die Alterserscheinung, indem sie Muskelmasse aufbaute und den Körperfettanteil verringerte.
Eine Doktorarbeit der Deutschen Sporthochschule Köln bescheinigt der Ganzkörper-EMS zudem positive Effekte bei chronischen, unspezifischen Rückenschmerzen. So kann das Training die Schmerzintensität lindern und die Rumpfkraft steigern – und zwar in einer kürzeren Trainingszeit als mit der Ganzkörper-Vibration oder klassischem Rückenkrafttraining.
Jedoch: Eine jüngere Studie untersuchte im Rahmen einer systematischen Übersichtsarbeit den aktuellen Wissensstand zum EMS-Training und dessen Effektivität. Sie kam zu dem Schluss, dass die Anzahl verfügbarer Studien keine eindeutigen Schlussfolgerungen über die Wirksamkeit von EMS zulässt. Demzufolge ist weitere Forschung notwendig, um diesbezüglich Effekte sicher benennen zu können.
Der Eckdaten-Studie des DSSV-Arbeitgeberverbands deutscher Fitness- und Gesundheitsanlagen zufolge gab es am 31. Dezember 2023 in Deutschland 1.429 EMS-Studios, in denen rund 200.000 Mitglieder trainierten. Daneben findet EMS zunehmend Einsatz im Leistungs- und Hochleistungssport.
EMS-Training bietet einen großen Nutzen für jene, die ihre Gelenke schonen möchten oder sogar müssen. Es werden keine zusätzlichen Gewichte verwendet und auch rasche Bewegungsabfolgen bleiben aus. Stattdessen wird in bestimmten Positionen verharrt. Daher kann es insbesondere für ältere, schwächere oder übergewichtige Menschen sinnvoll sein. Zudem lohnt es sich für Menschen mit wenig Zeit, die Muskeln aufbauen und von den positiven Folgeeffekten profitieren wollen: sich fitter fühlen, straffer aussehen und durch mehr Stabilität für die Gelenke ihre Körperhaltung verbessern sowie Rückenbeschwerden entgegenwirken wollen. Denn während Sportler und Sportlerinnen beim konventionellen Krafttraining nur zwei bis drei Muskelgruppen gleichzeitig trainieren, aktivieren die Impulse der EMS auch deutlich tiefer liegende Muskelschichten.
Die Trainierenden werden weder ausdauernder noch beweglicher. Und: Obwohl die Methode zwar den Fettabbau unterstützt, ist die anregende Wirkung auf den Stoffwechsel insgesamt überschaubar. Zudem gibt auch bei EMS ein gewisses Verletzungsrisiko: Übertriebenes EMS-Training mit zu intensiven, zu langen und zu häufigen Stromstößen kann die Muskulatur schädigen. Dies kann zur Folge haben, dass sich das Enzym Creatin-Kinase (CK) in der Blutbahn erhöht. Dieses ist ein Marker für den Energiestoffwechsel, zeigt aber auch Muskelschäden an. Ist die Konzentration zu hoch, können auf Dauer Nierenschäden die Folge sein. Wichtig ist deshalb, auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten und das Training auf den individuellen Trainingszustand des Sportlers oder der Sportlerin anzupassen. Die Intensität und Dauer sollten schrittweise und angemessen erhöht werden. Keinesfalls dürfen Trainierende ihre Schmerzgrenze austesten, sondern müssen Schmerzen und Unwohlsein unmittelbar ihrem Trainer mitteilen.
Wer EMS ausprobieren möchte, kann ein spezielles EMS-Studio besuchen oder aber mit einem eigenen Gerät zu Hause trainieren. Beides hat Vor- und Nachteile:
Wer sich für ein EMS-Training im Studio entscheidet, geht üblicherweise eine Mitgliedschaft ein. Ein entscheidender Vorteil des Studio-Trainings ist, dass es mit hochwertigen Geräten stattfindet und sich Anzug und Weste ausleihen lassen. Und noch wichtiger: Es wird von qualifiziertem Trainerpersonal begleitet. Nur so lässt sich sicherstellen, dass die Elektroden korrekt platziert sind und die Intensität des Trainings auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt ist. Um EMS so sicher wie möglich zu gestalten, hat Prof. Dr. Wolfgang Kemmler gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen Branchenrichtlinien für EMS-Studios entwickelt. Wer bei der Auswahl des Studios auf eine Zertifizierung nach DIN 3396 achtet, kann davon ausgehen, dass das Training nach diesen Branchenrichtlinien abläuft. Sie geben bestimmte Qualitätsvorgaben, zum Beispiel auch dazu, wer nicht trainieren sollte: Schwangere und Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus, unbehandeltem Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, Arteriosklerose, Krebs oder Herzschrittmachern.
Wer lieber zu Hause trainiert, muss sich das gesamte Equipment selbst zulegen oder ausleihen. Dabei bestehen große Unterschiede in Bezug auf Qualität und Leistung. Die Verwendung minderwertiger Ausrüstung kann nicht nur die Effektivität beeinträchtigen, sondern auch Verletzungsrisiken mit sich bringen. Dies gilt insbesondere, weil die Trainingseinheiten ohne Trainer stattfinden.
Die Abkürzung EMS steht für Elektromyostimulation (auch: elektrische Muskelstimulation) und ist der Name eines Fitnesstrainings, bei dem die Muskeln mit Strom stimuliert werden.
Die Branchenrichtlinien für EMS-Studios empfehlen eine maximale Trainingsdauer von 20 Minuten, nachdem zuvor eine Eingewöhnung mit moderater Reizintensität und kurzen Impulsphasen stattgefunden hat.
Einzelne Studien bescheinigen dem EMS-Training zwar eine gute Wirksamkeit in Sachen Muskelaufbau, Gewichtsverlust und Linderung von Rückenschmerzen, eine Überblicksarbeit weist aber auch auf eine unzureichende Studienlage hin, um die Effektivität sicher zu beurteilen.
Ja, allerdings raten viele Expertinnen und Experten davon ab. Es fehlt die Anwesenheit eines ausgebildeten Trainers, der den Sitz der Elektroden, die richtige Einstellung der Geräte und die Ausführung der Übungen kontrolliert. Das erhöht die Gefahr von Verletzungen.
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